Umwelt und Gesundheit

Von Prof. Dr. Bannwarth

Erschienen am 9.7.21 im KStA zum Artikel „Sulfat macht den See nicht sauer“ vom 29.6.21

Sulfat und Schwefelsäure sind nicht dasselbe

Richtig: Sulfat macht den See nicht sauer. Aber nicht nur, weil das „Wasser mit Sulfat vom Tagebau wegfließt“, sondern weil Sulfat keine Säure ist und kein Wasser sauer machen kann. Genauer hätte man schreiben können: Im Boden, den die Bagger freigelegt haben, befinden sich Pyrit-Einschlüsse (Eisen-Schwefel-Verbindungen). Durch die Freilegung kommen sie mit Sauerstoff in Kontakt und werden oxidiert. Dabei entsteht Schwefelsäure und somit auch Sulfat.

Für den Säurecharakter ist nicht das Sulfat [SO4]2−, sondern die Schwefelsäure H2SO4 die Ursache. Sulfat und Schwefelsäure sind nicht dasselbe. Solche Kommentare könnte man als Spitzfindigkeiten abtun. Aber wenn man Sulfat fälschlicherweise als Säure versteht, wird man Sulfat oder auch das Calcium-Salz des Sulfats, den Gips, im Bereich Umwelt und Gesundheit nicht richtig in seiner Funktion und Wirkung verstehen, einsetzen und nutzen können. Wenn man Sulfat als Säure versteht, wird man es verständlicherweise nicht gegen die Bodenversauerung oder zur Bekämpfung der Aluminium-Toxizität von Waldböden einsetzen wollen.

Leider haben auch anerkannte Forstexperten Probleme damit, Sulfat nicht als Säure zu begreifen. Das bedeutet, dass Chancen und Möglichkeiten, dem Wald und dem Klima angemessen zu helfen, nicht aufgegriffen werden, obwohl sie dringend nötig wären. So wäre zu erwarten, dass Sulfat die Aluminium-Toxizität in Unterböden der Wälder mindert, weil es toxische Aluminium-Ionen AI3+ bindet. So könnten die Wurzeln besser in die Tiefe wachsen, Bäume könnten besser mit Wasser versorgt werden, so dass die klimabedingten Trockenphasen besser überstanden werden könnten. Das wäre ein effektiver Beitrag zur Erhaltung der Wälder und des Klimas.

Wer Sulfat als Säure versteht, wird zudem auch nicht verstehen können, warum die besten Mineralwässer (zum Beispiel Steinsieker) bei hohen Sulfat-Gehalten von 1,34 g/l förderlich für die Gesundheit sind, und auch nicht verstehen, dass Mineralwässer bei solch hohen Sulfat-Konzentrationen nicht sauer sind.

Dass man von den hohen Sulfat-Werten der Mineralwässer meistens schon auf einen hohen Gehalt an wichtigen Alkali- oder Erdalkali-Ionen schließen kann, müsste zu den Grundlagen der Gesundheitserziehung gehören. Es wäre für die Gesundheit der Menschen und die Erhaltung der Wälder und des Klimas wichtig, dass das chemische Basiswissen für Umwelt und Gesundheit schon in der Schule vermittelt und in der Presse entsprechend berücksichtigt und gewürdigt wird.

KStA-09.07

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